Als unsere zuvor unbewussterweise
(ajnata) angesammelten und bewussterweise erworbenen (jnata)
spirituellen Verdienste (sukrti) sich zu festem Vertrauen (sraddha) in der
Gemeinschaft der Gottgeweihten (sadhu-sanga) verschmolzen, erbaten und
empfingen wir Einweihung von Srila Gurudev, und wir begannen unter seiner
Anleitung und Führung unser wirkliches hingegebenes Leben (bhajana-kriya).
Durch das Studium der
Schriften (sastras) in der Gemeinschaft der dienstälteren Vaishnavas (sadhus),
lernten wir, dass die spirituelle Welt weit jenseits des Wirkungsbereiches
unserer Sinne (adhoksaja) und irgendeiner, hier in diesem Land der
Ausbeutung gemachten Erfahrung liegt, und dass die Entwicklung einer
aufrichtigen Gemütshaltung der Demut und des Dienstes zu einem
Botschafter von jener Welt der einzige Weg ist, auf dem wir Zutritt zu dem
Land der Hingabe erlangen können.
Wir verstanden, dass
Wissen von jener transzendentalen Welt (tad viddhi) allein durch ausschließliche Ergebenheit (pranipatena) zu einem reinen Gottgeweihten,
der auf jener Wirklichkeitsebene lebt (jnaninas tattva-darsinah), erworben
werden kann, und dass er, falls wir ergeben von ihm erfragen (pariprasnena)
und ihm treu dienen (sevaya), uns mit der Beseitigung unserer Blindheit
segnen (upadeksyanti te jnanam) wird, damit auch wir eine klare Sicht von
jener höchsten Realität (tattva-darsinah) haben können.
Als Srila Gurudev uns in
das Chanten des Hare Krishna Mahamantras einweihte, sagte er uns, dass
wir für das richtige Chanten des heiligen Namens Krishnas (kirtaniya
sada harih) Demut (trnad api sunicena), Toleranz (taror api sahisnuna) und
Respekt gegenüber jedermann (manadena) ohne jeglichen Respekt für uns
selbst zu erwarten (amanena), entwickeln müssten. Wir versprachen im
Gegenzug, die zehn Vergehen gegen den Heiligen Namen zu vermeiden und
gelobten mit der Befolgung der vier regulierenden Prinzipien unsere
Reinheit zu bewahren.
Doch im Laufe der Jahre
begann unser vorheriges Karmma wieder uns zu schmeicheln, und so viele Wünsche
und weltliche Aktivitäten, die wir glaubten für immer aufgegeben zu
haben, begannen wieder lautstark unsere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen
und unsere feierlich abgelegten Gelübde zu entkräften. Und jetzt murmeln
wir unsere Mantras und beschäftigen uns mit geistlichen Ritualen, anstatt
mit dem hohen Ideal, weshalb wir der Mission beigetreten sind, und
wir glauben immer noch, dass wir unsere Sache recht gut machen!
Wie wichtig ist
es überhaupt, dass wir unseren Gelübden treu sind? Die
weitverbreitete Meinung ist, dass das Sri Chaitanya Saraswat Math recht
locker ist, was das Befolgen der Regeln, Anordnungen und regulativen
Prinzipien angeht, solange man nur im Dienst beschäftigt ist…
Lasst uns für die
Antwort darauf zu Srila Gurudev, der Personifizierung des Sri Chaitanya
Saraswat Maths, gehen. Vor einiger Zeit saß Srila Gurudev hier auf seiner
Veranda in Kalkutta und sprach per Telefon mit Madhusudan Prabhu auf
Hawaii für dessen populäres Internetradioprogramm. “Wir predigen auf
eine sehr simple Art und Weise,” sagte er, “Chante Hare Krishna ohne
Vergehen, sei demütig und tolerant und erweise anderen Ehre. Auf der
ganzen Welt ist das unser Predigtstil. Und wir predigen das nicht nur,
sondern versuchen auch dies zu praktizieren.”
Dann wurde Srila Gurudevs
Stimme ernst und er begann zu klagen: “Als wir der Mission beitraten und
als wir Einweihung annahmen, gaben wir uns selbst und unserem Guru ein
Versprechen. Doch jetzt vergessen wir dieses Versprechen. Die Umstände ändern
unser Versprechen, und wir werden zum Sklaven der Umstände.”
“Das ist nicht
akzeptabel”, sagte Srila Gurudev nachdrücklich. “Es ist nicht
geschmackvoll; nicht annehmbar. Aber dies ist die Tatsache. Unsere
Gottgeweihten sind sehr liebe Gottgeweihte, sehr gute Gottgeweihte, doch
wenn sie ihre Versprechen vergessen, ist das schmerzvoll. Wie sollen wir
unser Leben und unser Vorgehen als Praktizierende darauf einstellen? Sehr
schwierig.”
Diese belastende Anklage
sollte für alle ernsthaften Schüler ein Weckruf sein. Wie konnten wir,
und ich bin diesbezüglich der schlimmste Sünder, uns erlauben, das
feierliche Versprechen, das wir uns selbst und unserem Guru gegeben haben,
einfach zu “vergessen”? Wie konnten wir unser ursprüngliches Ideal so
kompromittieren? Wie sind wir zu solchen “Sklaven der Umstände”
geworden?
Ein theoretisches Verständnis
vom Krishnabewusstsein ist nicht genug. Wenn wir erfolgreich sein wollen,
müssen wir die Philosophie des Krishnabewusstseins, die Unterweisungen
von Srila Gurudev, in unserem Leben zur praktischen Anwendung bringen. Wir
müssen der Rede die Tat folgen lassen.
Srila Guru Maharaj (Srila
Bhakti Rakshak Sridhar Maharaj) hat uns einige Lehrsätze gegeben:
“Tauche tief ein in die Wirklichkeit!”, “Sterbe, um zu leben!”,
“Fortschritt bedeutet eliminieren und neu akzeptieren.”
Was bedeuten diese Lehrsprüche? Sie sind nicht einfach
Klangbrocken, sondern die destillierte Essenz unserer Philosophie. Wenn
wir über diese Sutras gründlich nachdenken, werden wir unser Verständnis
vom Krishnabewusstsein revolutionieren.
“Tauche tief ein in die
Wirklichkeit!” heißt, wir können nicht einfach die Oberfläche des
Krishnabewusstseins ankratzen und erwarten, etwas Substanzielles zu
erreichen. Und “Sterbe, um zu leben!” bedeutet, dass wir unser
falsches Ego vollständig auflösen müssen, um Einlass in die
transzendentale Welt gewährt zu bekommen.
Um ein richtiges Verständnis
(evam yo vetti tattvatah) von Krishnas überweltlichen Spielen (janma
karma ca me divyam) zu entwickeln, müssen wir “tief in die Realität
eintauchen”, indem wir unsere bisherige körperverbundene
Lebensauffassung überwinden (tyaktva deham). Mit anderen Worten, wir müssen
“sterben”, oder unser Bewusstsein von dieser Ebene der Fehlauffassung
abwenden (punar janma naiti), um in Krishnas transzendentaler Welt zu
leben (mam eti sah).
Wir müssen nicht körperlich
sterben, bevor jener goldene Triumphwagen erscheint, um uns in den Himmel
zu bringen! Wenn wir uns in dieser Welt (iha yasya) ausschließlich, mit Körper,
Geist und Worten (karmana, manasa und gira) im Dienste Gottes beschäftigen
(harer dasya), dann befinden wir uns, selbst wenn wir nach weltlicher
Sicht in dieser materiellen Welt zu leben scheinen (nikhilasv apy
avasthasu), auf der spirituellen Ebene, weil unser Bewusstsein befreit ist
(jivan-muktah sa ucyate).
Fortschritt bedeutet
eliminieren (eho bahya) und neu annehmen (age kaha ara). Im Einklang mit
unserem Fortschritt im spirituellen Leben werden unsere vorherigen Mißverständnisse vom
Krishnabewusstsein eliminiert werden (jnane
prayasam udapasya). Was immer unser gegenwärtiger Bewusstseinszustand
sein mag (sthane sthitah), je mehr wir von Guru und Vaishnava in
Ergebenheit hören (sruti-gatam), desto höher wird unser Bewusstsein
unaufhaltbar von der Körperebene zur geistigen, zur intellektuellen (tais-trilokyam),
und schließlich zur spirituellen Ebene erhoben werden (jito ‘pyasi).
Das Krishnabewusstsein
ist dynamisch und stets neu (nava-yauvanam), aber wir stagnieren, sind
“Sklaven der Umstände”, weil wir unser Versprechen zu Srila Gurudev
gebrochen haben und dem Vorgehen, das er für uns umrissen hat, nicht
aufrichtig folgen.
Wenn wir uns nicht zusammennehmen, das
heißt, wenn die
Unterweisungen aus dem Lotosmund von Srila Gurudev (guru-mukha-padma-vakya)
keinen Platz in unserem Herzen finden (cittete koriya aikya) und nicht das
ausschließliche Ziel unseres Lebens werden (ara na koriho mane asa),
werden wir für immer auf dieser Ebene der Missverständnisse stecken
bleiben.