Eine
Vielzahl von theistischen Konzeptionen umkreisen, um die Vorherrschaft
wetteifernd, die zentrale Wahrheit. Die Christen glauben, Erlösung könne
nur durch Jesus Christus erlangt werden, die Moslems durch Mohammed und
die Hindus durch die Gnade von Sri Guru. Jeder bietet, basierend auf den
Verwirklichungen ihrer Heiligen und der Autorität ihrer Schriften, eine
andere Auffassung von der Gottheit an.
Srila
Sridhar Maharaj bemerkt: „Gemäß unserer inneren Notwendigkeit und
unserem Verlangen nach der Wahrheit, kommen wir in Verbindung mit einem
bestimmten Niveau von theistischer Auffassung und Gemeinschaft.“
Gott hat
unzählige Avatars, die je nach Zeit, Ort, Umständen und unter Berücksichtigung
der Bedürfnisse und Befähigung der Menschen zu ihrer Zeit, in diese Welt
herabkommen. Darüber hinaus wird die Wahrheit gemäß jemandes
Veranlagung erfasst und jemandes individuellem Wesen (prakrti-vaichitryad)
entsprechend modifiziert. Auf dieser Grundlage sind religiöse Traditionen
etabliert – paramparyena.
Im
allgemeinen wird Gott als die Verkörperung von allumfassender,
unendlicher Größe gesehen. Eine weiter verfeinerte Sicht offenbart die
zugrundeliegende, alldurchdringende Gegenwart der Gottheit. Dies sind die
beiden Extreme des Unendlichen. Aber ein Sprung tief ins Innere, ganz nah
und persönlich, offenbart die allanziehende Persönlichkeit Gottes. Nicht
nur unüberwindlich oder unentrinnbar, sondern auch unwiderstehlich. Die
Auffassung von Gott als Krishna ist bezeichnend dafür, dass wir uns
durch Liebe und Reiz unwiderstehlich zum wahrhaftigen Mittelpunkt des
Unendlichen, zur Realität der Schönen, hingezogen fühlen.
Auf
einer Stufe ist es bewundernswert theistische Vielfalt zu erkennen, doch
die nächste Stufe der progressiven Erkenntnis ist das Wahrnehmen von
Abstufungen, das Wiegen und Messen. Der englische Theologe Professor John
Hick schrieb in einem Brief an den Vatikan: „... Der pluralistische
Theozentrismus beansprucht für sich, ein über den Christozentrismus
hinausgehender Weg; eine Ablösung des Paradigmas; eine kopernikanische
Revolution in der, anstatt Christus als den Mittelpunkt des
Glaubensuniversums zu sehen, alle Religionen, das Christentum
eingeschlossen, als sich um Gott, die letztendliche, transzendentale, göttliche
Realität, drehend angesehen werden, zu sein.“
Alle
Planeten umkreisen die Sonne, aber nicht alle in der selben Umlaufbahn,
und die, die der Sonne am nächsten sind, besitzen Eigenschaften und
Atmosphären, die denen der Sonne am ähnlichsten sind. Alle Religionen
umkreisen den Absoluten, doch nach welchem Maßstab sollte deren
respektive Auffassungstiefe beurteilt werden?
Wir
anerkennen eine Vielfalt von Währungen in der Finanzwelt: Dollar, Pfund,
Rubel und so weiter. Alle sind Geld. Alle haben Wert. Doch es sind nicht
alle gleich. Ihr relativer Wert wird auf der Grundlage einer absoluten Währung
festgelegt. Jemand mag sagen: „Der ‘allmächtige Dollar’ ist das Höchste.“
Jemand anderes: „Der Pfund Sterling Seiner Königlichen Majestät ist
das Höchste.“ Und wieder ein anderer sagt: „Der Rubel von Mutter
Russland ist das Höchste. Keine andere Währung ist hier anerkannt oder
annehmbar.“ Doch der tatsächliche Wert wird an einem absoluten Maßstab,
ungeachtet der örtlichen Empfindungen, Vorurteile oder Verwendbarkeit,
gemessen werden.
Was soll
dann der Maßstab in der theistischen Welt sein? Gaudiya Vaishnavas
werden behaupten, dass Rasa die Währung des spirituellen Kapitals
ist. Rasa, Vertraulichkeit, ist der Maßstab, an dem wir den relativen Wert von
jeglicher spirituellen Lehre messen.
Für den Durchschnittsbürger ist der Präsident eine überlebensgroße
Gestalt und wird im allgemeinen als unzugänglich betrachtet.
Entsprechend der Entfernung der Beziehung zu ihm empfindet man Ehrfurcht
und Hochachtung. Doch das sollte nicht als der einzige mögliche
aufrichtige Gefühlsausdruck missverstanden werden. Der Präsident hat
auch ein Gefolge, das aufgrund der Nähe zu ihm einen Einblick in seine
Persönlichkeit jenseits der Präsidentenidentität hat. Deren Ehrfurcht
und Hochachtung ist mit Zuneigung angereichert. Sie sind auch dazu
privilegiert, seinen scherzenden Austausch mit Freunden und nahen
Bekannten zu beobachten. Intime Freundschaft lässt sogar
Unehrerbietigkeit zu, die, während auf einer niederen Stufe anstößig,
auf einer höheren Stufe entzückend und reizvoll ist. Und dann gibt es
die tiefere Vertrautheit in der mütterlichen Zuneigung und ehelichen
Liebe. Was für den Einen ungehörig ist, ist für jemand anderen unerlässliche
Notwendigkeit.
So wie
man sich spirituell entwickelt und die Präsidentenidentität der Gottheit
überschreitet, wird der natürliche, spontane Herzensausdruck freigesetzt.
Das ist Bhakti-rasa. Die Konzeption von Rasa wurde von Srila
Rupa Goswami im Bhakti-Rasamrta-Sindhu geprägt, wo er die Wissenschaft
der spirituellen Evolution darstellt.
Der
Hinduismus im Allgemeinen und das Gaudiya-Vaishnavatum im Besonderen
passen sich notwendigerweise vielfältigen religiösen Glaubensrichtungen
an und sind von daher am besten dazu geeignet, die unerbittliche
Fortpflanzung einer pluralistischen Demokratie zu überleben. Doch wir dürfen
nicht vergessen, dass des Einen Erlösung des Anderen Hölle ist. Wenn es
der „Erlösung“ oder dem „Himmel“ an Dienstpotential und einer
vertraulichen Beziehung mit der Persönlichkeit Gottes fehlt, betrachten
es die Vaishnavas als nicht wünschenswert.