saksad-dharitvena
samasta-sastrair
uktas tatha bhavatya eva sadhbih
kintu prabhor yah priya
eva tasya
vande guroh sri-caranaravindam
"In den
offenbarten Schriften wird erklärt, dass der geistige Meister wie die Höchste
Persönlichkeit Gottes verehrt werden soll, und die reinen Geweihten des
Herrn befolgen diese Anordnung. Der geistige Meister ist der vertrauteste
Diener des Herrn. Deshalb lasst uns unsere respektvollen Ehrerbietungen
den Lotosfüßen unseres geistigen Meisters darbringen."
Meine Herren!
Im Namen der Mitglieder der Bombay-Sektion der Gaudiya Math möchte ich
Sie alle ganz herzlich willkommen heißen und Ihnen danken, dass Sie so
freundlich waren zu kommen und heute abend an den Feierlichkeiten unserer
Gemeinschaft zu Ehren der Lotosfüße des Weltenlehrers, unseres
acaryadeva teilnehmen. Er ist der Begründer dieser Gaudiya-Mission und
auch der Vorsitzende acarya der Sri Sri Vishva Vaishnava Raja Sabha - ich
spreche von meinem ewigen göttlichen Meister Om Vishnupada Paramahamsa
Parivrajakacharya, Sri Srimad Bhaktisiddhanta Sarasawti Goswami Maharaja.
An diesem glücksverheißenden Tag vor 62 Jahren folgte der acaryadeva dem
Ruf von Thakura Bhaktivinoda und erschien in Sri Kshetra, Jagannatha Dhama
in Puri.
Meine Herren,
die Darbringung einer solchen Huldigung an den acaryadeva, wie sie für
heute abend vorgesehen ist, ist keine konfessionsgebundene Angelegenheit.
Denn wenn wir von dem grundsätzlichen Prinzip des gurudeva oder
acaryadeva sprechen, dann sprechen wir über etwas von universeller
Bedeutung. Da kann gar nicht das Problem auftauchen, meinen guru von Ihrem
guru oder vom guru irgendeines anderen zu unterscheiden. Es gibt nur einen
einzigen guru, der in einer unendlichen Vielfalt von Formen erscheint, um
Sie, mich und alle anderen zu unterweisen. In der Mundaka Upanishad steht
(1.2.12):
tad-vijnartham
sa gurum evabhigacchet samit-panih srotriyam brahma-nistham
"Um die
transzendentale Wissenschaft zu erlernen, muss man sich einem rechtgläubigen
geistigen Meister nähern, der in der Absoluten Wahrheit fest verankert
ist und einer Schülernachfolge angehört." Damit wird ganz klar
ausgedrückt, dass man sich an einen guru wenden muss, um dieses
transzendentale Wissen zu erhalten. Wenn also die Absolute Wahrheit eins
ist, worüber es, wie wir glauben, keine Meinungsverschiedenheiten geben
kann, dann kann der guru nicht zwei sein. Wir haben uns heute abend hier
versammelt, um dem acaryadeva unsere demütigen Ehrerbietungen zu erweisen.
Und dieser acaryadeva ist nicht der guru einer sektiererischen Institution
oder einer von vielen verschiedenen Vertretern der Wahrheit. Im Gegenteil,
er ist der jagad-guru, der guru von uns allen; der einzige Unterschied
besteht darin, dass manche ihm aus ganzem Herzen gehorchen, während
andere ihm nicht unmittelbar folgen. Im Srimad Bhagavatam (11.17.27) heißt
es:
acaryam
mam vijaniyan
navamanyeta karhicit
na martya-buddhyasuyeta
sarva-deva mayo guruh
"Man
soll verstehen", sagte der Gesegnete Herr, "dass der geistige
Meister genauso gut ist, wie Ich es Selbst bin. Niemand soll den geistigen
Meister beneiden oder ihn als gewöhnlichen Menschen ansehen, denn der
geistige Meister ist die Gesamtsumme aller Halbgötter." Das bedeutet,
dass der acarya mit Gott Selbst gleichgesetzt wird. Er hat mit den
Angelegenheiten dieser irdischen Welt nichts zu tun. Er erscheint vor uns,
um uns das Licht der Veden zu offenbaren und uns die Segnungen der völligen
Freiheit zu gewähren, nach der wir bei jedem einzelnen Schritt unseres
Lebens streben sollten.
Gott hat das
transzendentale Wissen der Veden zuerst dem Brahma enthüllt, der der Schöpfer
dieses Universums ist. Von Brahma kam dieses Wissen herab auf Narada, von
Narada zu Vyasadeva, von Vyasadeva zu Madhva. Durch diesen Vorgang der Schülernachfolge
wurde das transzendentale Wissen von einem Schüler zum nächsten
weitergereicht, bis es Sri Gauranga - Sri Krishna Chaitanya - erreichte,
der als Schüler und Nachfolger von Sri Ishvara Puri auftrat. Der gegenwärtige
acaryadeva ist der zehnte bevollmächtigte Stellvertreter innerhalb der
Schülernachfolge nach Sri Rupa Goswami. Sri Rupa Goswami ist der ursprüngliche
Beauftragte von Sri Chaitanya, der diese transzendentale Überlieferung in
ihrer ganzen Fülle predigte. Das Wissen, das wir von unserem gurudeva
empfangen, unterscheidet sich nicht von dem, das von Gott Selbst und der
Nachfolge der acaryas verkündet wird, die in der ursprünglichen Linie
von Brahma stehen. Wir verehren diesen glücksverheißenden Tag als sri
vyasa-puja-tithi, weil der acarya der lebende Stellvertreter von Vyasadeva
ist, dem göttlichen Autor der Veden, Puranas, der Bhagavad-Gita, des
Mahabarata, und des Srimad Bhagavatam.
Mit unserer
begrenzten, verzerrten Methode der Beobachtung und des Experimentierens können
wir nichts über die transzendentale Sphäre erfahren. Aber wir alle können
unsere Ohren weit öffnen für den transzendentalen Klang, der aus jenem
Reich durch das reine Medium des sri gurudeva oder Sri Vyasadeva auf
unsere Ebene herabkommt. Deshalb meine Herren, sollten wir uns heute den
Lotosfüßen des Stellvertreters von Sri Vyasadeva hingeben, damit alle
die unterschiedlichen Vorstellungen beseitigt werden, die durch unseren
Ungehorsam entstanden sind. In der Bhagavad-Gita (4.34) wird das genauso
ausgedrückt:
tad
viddhi pranipatena
pariprasnena sevaya
upadeksyanti te jnanam
jnaninas tattva darsinah
"Wende
dich einfach an den weisen und rechtgläubigen geistigen Meister. Gib dich
zuerst ihm hin und versuche ihn zu verstehen, indem du ihn befragst und
ihm dienst. Solch ein weiser geistiger Meister wird dich mit
transzendentalem Wissen erleuchten, denn er kennt bereits die Absolute
Wahrheit."
Um
transzendentales Wissen zu erlangen, müssen wir uns völlig dem echten
acarya in einer geistigen Haltung des eifrigen Fragens und begeisterten
Dienens hingeben. Die tatsächliche Ausführung von Dienst für den
Absoluten unter der Anleitung des acarya stellt die einzige Möglichkeit
dar, durch die wir transzendentales Wissen aufnehmen können. Wir sind
heute hier zusammengekommen, um unseren demütigen Dienst und unsere
Ehrerbietungen den Füßen des acaryadeva darzubringen. Dadurch wird es für
uns möglich, mit den Fähigkeiten begnadet zu werden, die wir zur
Aufnahme des transzendentalen Wissens so dringend benötigen, das von ihm
großzügig an alle Menschen ohne Unterschied weitergereicht wurde.
Meine Herren,
obwohl wir trotz seiner Barmherzigkeit nur unvollkommen in der Lage sind,
die erhabenen Botschaften unseres acaryadeva zu begreifen, müssen wir
doch gestehen, dass die göttliche Botschaft von seinen heiligen Lippen
das angemessene Heilmittel für die leidende Menschheit darstellt. Wir
alle sollten ihm geduldig zuhören. Er wird uns ganz sicher seine
Barmherzigkeit erweisen, wenn wir dem transzendentalen Klang ohne unnötigen
Widerstand lauschen. Es ist der Auftrag unseres acaryas, uns zu unserem
ursprünglichen Zuhause zurückzubringen, zurück zu Gott. Lassen Sie mich
hier deshalb wiederholen, dass wir ihn geduldig anhören sollten, ihm nach
Maßgabe unserer Überzeugung folgen und uns vor seinen Lotosfüßen
verbeugen, damit er uns erlöse aus unserer gegenwärtigen grundlosen
Abneigung, dem Absoluten und allen Seelen zu dienen.
Während wir
zu Füßen des acaryadeva sitzen, wollen wir aus dieser transzendentalen
Quelle des Wissens zu verstehen suchen, wer wir sind, was das Universum
ist, wer Gott ist und wie unsere Beziehung zu Ihm beschaffen ist. Die
Botschaft von Sri Chaitanya ist die Botschaft für alle Lebewesen und die
Kunde von einer lebendigen Welt. Sri Chaitanya Selbst bemühte sich nicht
um eine Erhebung dieser toten Welt, die passenderweise martya-loka genannt
wird, die Welt, in der alles sterben muss. Er erschien bei uns vor 450
Jahren, um uns etwas über das transzendentale Universum zu erzählen, wo
alles ewig und alles zum Dienst für den Absoluten bestimmt ist. Aber in jüngster
Zeit haben einige gewissenlose Menschen die Lehre von Sri Chaitanya
entstellt und die höchste Philosophie des Herrn so falsch ausgelegt, als
ob sie nur der Kultgegenstand der niedrigsten Gesellschaftsschicht sei.
Wir sind sehr froh darüber, heute abend verkünden zu können, dass unser
acaryadeva in seiner gewohnten Güte uns vor dieser schrecklichen
Entartung bewahrt hat, und deswegen verbeugen wir uns in aller Demut vor
seinen Lotosfüßen.
Wir sind glücklich
darüber, dass wir durch die Barmherzigkeit Seiner Göttlichen Gnade von
dieser abscheulichen Schlechtigkeit befreit worden sind. Er öffnet unsere
Augen, ist unser ewiger Vater, unser ewiger Lehrer und unser ewiger
Meister. Deshalb wollen wir uns an diesem glücksverheißenden Tag vor
seinen Lotosfüßen verbeugen.
Meine Herren,
obwohl wir in Bezug auf das Wissen von der Transzendenz wie unwissende
Kinder dastehen, hat mein gurudeva doch ein kleines Feuer in uns entfacht,
um die unüberwindliche Dunkelheit des verstandesmäßigen Wissens zu
vertreiben. Unsere Sicherheit ist jetzt so groß, dass keine noch so
gewichtigen philosophischen Argumente der empirischen Schulen uns auch nur
einen einzigen Zentimeter von unserem immerwährenden Vertrauen in die
Lotosfüße Seiner Göttlichen Gnade abbringen können.
Meine Herren,
wäre er nicht erschienen, um uns aus der Sklaverei dieser grobstofflichen,
weltlichen Täuschung zu befreien, wir wären sicherlich für endlos lange
Zeit in der Dunkelheit hilfloser Gefangenschaft geblieben. Wenn er nicht
vor uns erschienen wäre, wären wir nicht fähig, die ewige Wahrheit der
erhabenen Lehren von Sri Chaitanya zu begreifen.
Was
mich persönlich angeht, so habe ich keine Hoffnung, dass ich in den unzähligen
Verkörperungen, die ich im Verlauf meiner weiteren Lebensreise noch
annehmen muss, je direkten Dienst leisten darf. Aber ich bin
zuversichtlich, dass ich eines fernen Tages aus dem Morast der Täuschung
befreit werde, in den ich gegenwärtig so tief versunken bin. Lassen Sie
mich deswegen mit aller Ernsthaftigkeit zu den Lotosfüßen meines
geistigen Meisters beten, dass er mir erlaube, all das zu erleiden, was
mir aufgrund meiner vergangenen Missetaten bestimmt ist. Dass er mir aber
auch diese Kraft der Erinnerung gebe: dass ich nichts anderes bin als ein
winziger Diener von Gott dem Allmächtigen und Absoluten, der sich seiner
selbst nur durch die unerschütterliche Barmherzigkeit seines göttlichen
Meisters bewusst geworden ist. Deswegen möchte ich mich mit aller mir zur
Verfügung stehenden Demut vor seinen Lotosfüßen verbeugen.
Abhay
Charan Das
Für die Mitglieder der Sri Gaudiya Math
Bombay